Freitag, 18. März 2011

Ein wundervollen Gedankenanstoß von Ulrich Schaffer "Auf dem Weg aus der Angst":

"
Ich suche nach Möglichkeiten,
das Leben zu erfassen
und mich zu entkrampfen.
Ich bin auf dem Weg aus der Angst,
der Angst
vor der Meinung meiner Mitmenschen,
die wie eine Drohung über mir hängt;
vor der Unsicherheit des Lebens,
die mir alle Planung zerstört;
vor dem Urteil anderer,
das in mir die Selbstverurteilung wachruft;
vor der Gerechtigkeit Gottes,
für die ich nie genug zu sein schein;
vor dem Verlust der Liebe meiner Freunde,
die Bedingungen an ihrer Liebe knüpfen.

Ich wehre mich gegen die Angst,
die mir die Freude an meiner Freiheit nimmt,
die mich nichts wagen läßt,
die mich eng und klein macht,
die mich fesselt,
die mich nicht direkt und offen sein läßt,
die mich verfolgt,
die meine Phantasie negativ beschäftigt,
die immer dunkle Bilder malt.

Und doch
will ich mich nicht verbarrikadieren
aus Angst vor der Angst.
Ich will leben
und mich nicht verschließen.


Ich will das Urteil anderer hören.
Ich will über die Gerechtigkeit Gottes nachdenken.
Ich will mich der Unsicherheit aussetzten.
Ich will die Gefahren der Freiheit erkennen.
Aber in allem will ich lernen,
mich nicht von der zerstörerischen Angst
beherrschen zu lassen.

Ich will jedes in sich erleben.
Ich will offen bleiben,
aber die verzerrende Angst in den Erlebnissen
zurückweisen und so entkräften
weil ich mit ihr nicht sehen und hören kann.
Sie verfälscht und behindert.

Mein Leben gehört mir
und nicht meiner Angst.
Ich fordere es zurück.
Ich will die Entscheidungen treffen
und sie nicht der Angst überlassen.

Ich will nicht freundlich sein,
weil ich Angst habe,
ehrlich zu sein.

Ich will fest auftreten,
weil ich überzeugt bin,
und nicht um meine Angst zu verdecken.

Und wenn ich schweige,
dann will es tun, weil ich liebe, und
nicht aus Angst vor der Wirkung meiner Worte.

Ich will nicht etwas glauben,
weil ich Angst habe,
es nicht zu glauben.

Ich will nicht philosophieren und theologisieren
aus Angst,
dass mir etwas zu nahe kommen könnte.

Ich will mich nicht verbiegen,
weil ich Angst habe,
sonst nicht liebenswürdig zu sein.

Ich will anderen nicht etwas vorschreiben,
aus Angst,
sie könnten mir etwas vorschreiben.

Aus Angst vor dem Fehler-Machen,
will ich nicht tatenlos werden.

Ich will nicht wieder
in das Alte, Unlebbare fliehen
aus Angst,
mich in dem Neuen nicht zurechtzufinden.

Ich will mich nicht wichtig tun,
weil ich Angst habe,
sonst übersehen zu werden.

Und die Angst
Gott nicht zu gefallen,
will ich konsequent abbauen.
Ich will aufhören, mich wie ein komischer Fremder
vor Gott zu bewegen,
und ihm glauben, wenn er mich "Sohn" nennt.

Aus Überzeugung und Liebe
will ich tun, was ich tue,
und lassen, was ich lasse.

Der Angst
will ich die Herrschaft entreißen
und sie der Liebe schenken.

Ich will dem Reich in mir glauben.
"








("Auf dem Weg aus der Angst" aus dem Werk "Neues umarmen - (Für die Mutigen, die ihren Weg suchen)" von Ulrich Schaffer, 1984)

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

schön.